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The University as a Business?

by Paul Kellermann, 2011

Social division of labour as a still ongoing process signifies a greater specialization of work and simultaneously increasing productivity, but also more mutual dependencies of people and areas. An intermediate means was required: money. Business orientation increasing1y influenced activities, even at the university. An investigation is recomrnended whether the university contributes more to life quality as a business or as an institution of knowledge and science.

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Acquired Competencies and Job Requirements

by Paul Kellermann, 2007

No clear distinction was made between study in general and preparation for a professional activity at the universities of the Middle Ages. Theology and philosophy provided the basis for law and medicine. A clearer distinction was made by Friedrich Schiller and his idealistic colleagues between the “philosophical head”, i.e. the thinker for enlightenment, and the “bread scholar”, i.e. the striver for money. Nonetheless, studying, learning, researching and teaching at a university continued to be considered ends in themselves. Even the symposium “The Development of a Taxonomy of Educational Objectives” in Chicago/Illinois in 1951 had an idealistic basis. The turning point of perspectives towards higher education as preparation for employment might have been the OECD conference on “Economic Growth and Investment in Education” in 1961. In the “Sector W orking Paper ‘Education'” published by the World Bank in 1974, Robert S. McNamarra wrote in the foreword: “While millions of people from among the educated are unemployed, millians of jobs are waiting to be done because people with the right education, training and skills cannot be found.” (World Bank, 1974: I)

The Sorbonne declaration of May 25, 1998, stressed the universities’ role for promoting the mobility and employability of graduates. The joint declaration of the European Ministers of Education convened in Bologna on the 19th of June 1999 emphasised the “achievement of greater compatibility and comparability of the systems of higher education” in order to increase “the international competitiveness of the European system of higher
education”. Whether or not these political purposes are met depends crucially on how graduates manage to acquire competencies.

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A Short History of the European University

By Paul Kellermann, 2012

The European universities offered studies for independent professions like lawyers or physicians and for a couple of additional dependent occupations such as priests and teachers during their first centuries. With the emergence of the industrial society the dependent employee became the typical worker in the field of paid work. A fast division of labour followed after some decades and a more sophisticated workforce was required. The consequence: the universities offered more and more ‘higher education’ for graduates who subsequently entered employment than for independent professions. Simultaneously, the idea of studies as catalysts of recognition and personal development increasingly lost importance, but soon the dominance of studies as an economic investment was publicly accepted. The classical ideal of free scientific study for intrinsically motivated students disappeared almost completely with the implementation of the so called ‘Bologna Process’ and its emphasis on employability. It seems that with this Process the humanistic idea of a ‘University of Mind’ is becoming a ‘University of Business’.

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Theses for a sustainable organization and evaluation of “work”

A contribution by the International Association of Elder Professionals (IAEP e.V.)
to the discussion on the “Basic Income”

The theses presented here are intended to contribute to a factual discussion on the organization of future working environments in an increasingly digitized society. They mainly concern aspects that remain unnoticed in the current discussion, which is sometimes emotional and often prejudiced, with regard to participation in work and income.

The document in full can be downloaded here:
Arbeitsorganisation und Grundeinkommen (German version)
Work Organization and Basic Income (English version)

Theses’ headings:
1. Work as a fundamental factor of existence
2. Social integration
3. Organization of socially required work
4. Availability of money as a means of procurement
5. Individual income
6. Basic income as a total social option
7. Effects
8. Careful and systematic approach

Dokumentation: Tagung „Ein intergenerationelles Gespräch zum Thema Tirol im Herzen Europas, ein Vorbild für alle europäischen Grenzregionen?“ vom 12.09. – 14.09.2014 in Telfs

Telfs 2014

v. links nach rechts: Die Moderatoren der Veranstaltung Dr. Hans Nieuwenhuis, Anja van Berkum und Dr. Alexandra Beirer, Mag. Matthias Fink Generalsekretär der EUREGIO. Foto: IAEP

Zu dieser Dokumentation:
In Telfs hat von FR 12.09. bis SO 14.09.2014 in einer gemütlichen Stube im Gasthof Lehen eine Tagung mit dem Schwerpunkt: „Ein intergenerationelles Gespräch zum Thema Tirol im Herzen Europas, ein Vorbild für alle europäischen Grenzregionen?“ stattgefunden. Im Bild von links nach rechts die Moderatoren Hans Nieuwenhuis, Anja van Berkum und Alexandra Beirer mit Gast Matthias Fink. Continue reading

Das bedingungslose Grundeinkommen: Eine Idee und eine kulturelle Frage.

Vorbemerkung:
Bei der Veranstaltung “Europa – wohin?” in Klagenfurt sprach Götz W. Werner frei. Da er kein Skript benutzt hat und da sein Vortrag nicht aufgezeichnet wurde, finden Sie hier die gekürzte Transkription eines Vortrags, den Götz W. Werner zwar bei einer anderen Veranstaltung gehalten hat, die aber inhaltlich in etwa wiedergibt, was er auch am 30.8.2013 in Klagenfurt vortrug. 

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, in welcher Gesellschaft wollen wir leben? Welche Ziele, welche Grundsätze wollen wir verfolgen? Zum Beispiel können wir uns auf die Grundsätze „Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit“ beziehen. Helfen unsere gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, diese Prinzipien zu realisieren? Wie sieht es aus mit der Freiheit des Einzelnen, mit der Gleichheit untereinander und mit der Geschwisterlichkeit? Können wir sagen: „Haken dran, das ist exzellent gelöst?“ Dazu sage ich: „Nein. So geht es nicht weiter.“ Wir brauchen neue Impulse. Albert Einstein hat einmal sinngemäß gesagt: Probleme kann man nicht mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind. Wir gehen rückwärts, wenn wir die Welt nicht täglich neu erfinden.

Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens kann uns helfen. Das bedingungslose Grundeinkommen ist keine Ideologie, kein Programm, sondern eine Idee, die uns neue Blickrichtungen eröffnet zu der Frage: Wie schaffen wir Entwicklungsbedingungen? Ich erlebe, dass immer mehr Menschen sich dafür interessieren und sich damit beschäftigen.

Beim letzten Bundestagswahlkampf in Deutschland gab es ein Wahlplakat, auf dem stand: „Arbeit sichern!“ Nachdem ich drei-, viermal daran vorbeigefahren bin, habe ich gedacht: “Was ist das für ein Quatsch.“ Das stimmt nicht mit meiner persönlichen Lebensbeobachtung überein. Arbeit gilt es zu erledigen. Wie wollen wir eine Familie führen, ein Unternehmen führen, wenn wir meinen: „Arbeit muss gesichert werden.“ Der Spruch auf dem Plakat ist ein Denkirrtum. Diejenigen, die das Plakat gemacht haben, haben doch gemeint: Einkommen sichern. Wer keine Arbeit hat, kann ohne Frage leben. Aber wer kein Einkommen hat, kann nicht leben. Wir können nur leben, wenn wir uns Leistungen anderer verfügbar machen. Für unsere eigene Leistung erhalten wir höchstens ein Einkommen und es bedarf der Leistung anderer, damit wir vom Einkommen leben können. Heute ist es so, dass jeder immer etwas für andere tut und wir nur deswegen leben können, weil andere für uns tätig sind.

Wenn wir also vorurteilsfrei die Welt beobachten, erkennen wir, dass die ganze Welt für uns tätig ist und wir für die ganze Welt tätig sind. Die internationale Arbeitsteilung – wir nennen es Globalisierung und fühlen uns dadurch bedroht – ist Realität. Ich kann an den Ergebnissen der internationalen Arbeitsteilung nur teilnehmen, wenn ich Mitmenschen finde, die sich mit mir zusammen produktiv einbringen und wenn ich andere Menschen finde, die für mich tätig werden, so dass ich konsumieren kann. Aber für Konsum braucht es immer ein Einkommen. Die Einkommensfrage ist also die Schlüsselfrage unserer Gesellschaft.

Früher war die Schlüsselfrage – und an dieser sind alle sozialistischen Bewegungen erwacht –, ob jemand ein Stück Grund und Boden hat, das er mit seiner Familie bewirtschaften kann. Also der berühmte Ruf: Der freie Mann auf freier Scholle. Das trifft heute nicht mehr zu. Wir können heute nicht jedem, der erwerbslos ist, zwei Hektar Land geben. Das, was früher der freie Mann auf freier Scholle war, ist heute der freie Bürger mit einem verfassungsrechtlich garantierten bedingungslosen Grundeinkommen, das jeden einzelnen in die Lage versetzt, bescheiden aber menschenwürdig zu leben. Das wäre sozusagen der Leitstern, an dem wir uns orientieren sollten. Schaffen wir solche Verhältnisse, dass jeder Bürger menschenwürdig leben kann – beispielsweise im Sinne des Artikel 1 des Deutschen Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“?

Wenn wir feststellen, dass dies nicht der Fall ist, dann haben wir ein großes Aufgabengebiet – noch dazu vor dem Hintergrund, dass wir noch nie so reich waren wie heute. Es gibt überhaupt keine Notwendigkeit, dass es Menschen in unserer Gesellschaft gibt, die nicht über ein Grundeinkommen verfügen können. Es gibt keinen Grund dafür, dass wir uns Armut leisten.

Es gibt ein schönes Zitat von Friedrich Schiller aus den Augustenburger Briefen dazu, der für mich sozusagen der „Nervus rerum“ ist: „Der Mensch ist noch sehr wenig, wenn er warm wohnt und sich satt gegessen hat, aber er muss warm wohnen und satt zu essen haben, wenn sich die bessre Natur in ihm regen soll.“ Wenn wir begünstigen wollen, dass sich die bessere Natur in den Menschen regt, dürfen wir die Menschen nicht unter Existenzdruck setzen. Wir wissen, dass, wenn Menschen unter Existenzdruck geraten, sie erst zu Tieren werden und dann zu Untieren. Wenn wir das Unmenschliche – und das ist noch schlimmer als das Tierische – in den Menschen hervorbringen wollen, dann müssen wir sie unter Existenzdruck setzen.

Die Frage ist also: Wie schaffen wir Verhältnisse, dass die Menschen nicht unter Druck geraten? Ob sie dann daraus etwas machen, ist eine zweite Frage. Das bedingungslose Grundeinkommen bewirkt nichts anderes, als dass es erst einmal diese Grundvoraussetzung schafft. Damit sagen wir: “Wir erkennen deine Mitgeschwisterlichkeit an, du gehörst zu uns, du wirst von uns getragen, wie jeder von uns von der Gemeinschaft getragen wird und deswegen erhältst du jeden Monat ein Grundeinkommen.“

Wir brauchen sozusagen einen Vertrauens- oder Wertschätzungsbeweis – dass die Menschen sagen: „Ja, wir geben dir ein Grundeinkommen, jetzt zeig mal, was du kannst. Bring dich ein, zeig die bessere Natur in dir!“ Das wäre etwas, was eine Gemeinschaft zur Prosperität bringt. Es geht um die Frage: Wie schaffen wir Initiative weckende Rahmenbedingungen? Diese Frage habe ich mir als Unternehmer von Anfang an stellen müssen. Denn ich habe vor 40 Jahren alleine mit einem Unternehmen angefangen und musste als Folge des Erfolges beständig Menschen suchen, die mir helfen, das Unternehmen aufzubauen. Ich habe also Einstellungsgespräche geführt und gemerkt, dass es entsprechende Rahmenbedingungen braucht, so dass der Bewerber, den ich gewinnen wollte, sagt: „Hier bin ich Mensch, hier steig ich ein.“ Erst eine Einkommensvereinbarung versetzt einen Bewerber in die Lage, bei uns zu arbeiten. Bei diesen Gesprächen ist mir aufgefallen, dass wir einen fatalen Denkfehler begehen:  Es ist ein Irrtum, wenn wir meinen, Arbeit muss bezahlt werden. Arbeit muss man ermöglichen.

Die Erde ist nicht flach, sie ist rund und sie war schon immer rund. Frühere Generationen haben es nur falsch gedacht und sich deswegen ihrer Möglichkeiten beschnitten. Die Verkoppelung von Arbeit und Einkommen ist auch ein Denkirrtum. Das bedingungslose Grundeinkommen wird diese Verkoppelung auflösen. Wir müssten natürlich auch dem unliebsamen Nachbarn das Grundeinkommen zubilligen. Sie merken, es ist eine kulturelle Frage, eine Frage des Menschenbildes.

Wir müssten uns der Machtausübung mittels der Einkommensregulierung entäußern. Das ist ein großes Problem. Denn stellen Sie sich einmal vor: Jeder Mensch hat plötzlich durch dieses Grundeinkommen einen Freiheitsraum, der ihn in die Lage versetzt, Nein zu sagen. Wie hatte das Jean-Jacques Rousseau so treffend formuliert: Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will. Stellen Sie sich einmal vor, in allen Partnerschaften hat jeder sein Grundeinkommen. Es hat mit Freiheit zu tun und es hat mit Gleichheit zu tun, dass der andere mich nicht bedrängen kann, mich nicht kujonieren kann, mich nicht abhängig machen kann.

Das ist eine neue Idee! Es ist nicht mehr die Idee des Bismarckschen Sozialstaates, sondern die Idee eines freiheitlichen Staates von Individuen, die eigenverantwortlich und selbstbestimmt ihr Leben gestalten. Der Bismarcksche Sozialstaat war eine große Innovation. Damals gab es aber andere Voraussetzungen: stabile, kontinuierliche Berufsbiographien, eine Lebenserwartung von 55 Jahren und Familien bestanden in der Regel ein Leben lang. Heute gibt es immer mehr Alleinerziehende, die Lebenserwartung liegt bei rund 80 Jahren und es gibt zunehmend mehr Projektarbeit.

Immer mehr Menschen geht es wie der Frau, die einmal zu mir sagte: „Von meiner Rente kann ich nicht leben.“ Sie erklärte es damit, dass sie zuerst ihre drei Kinder erzogen habe, danach ihre Mutter gepflegt und anschließend auch viele Jahre lang ihren kranken Ehemann. Sie meinte tatsächlich: „Ich habe ja nie gearbeitet!“ Das ist das Dilemma unseres Arbeitsbegriffs. Der Begriff ist so deformiert, dass wir nicht anerkennen können, dass jede Art von Tätigkeit, die wir für jemand anderen ausüben, Arbeit ist. Stellen Sie sich vor, es gäbe kein Ehrenamt. Keine Familienarbeit, keine Kunst, keine Kultur, es gäbe auch keine Sportvereine. In Deutschland schätzt das Statistische Bundesamt die Zahl der bezahlten Arbeitsstunden mit 56 Milliarden, die der unbezahlten mit 96 Milliarden – jedes Jahr. Ehrenamtlich tätig sind Menschen aus zwei Gründen: Erstens, weil sie in der Arbeit einen Sinn sehen, und zweitens, weil sie es sich leisten können, weil sie ein Einkommen haben.

Sie müssen sich einmal hineinträumen und versuchen vorzustellen, wie die Gesellschaft wäre, wenn wir alle ein bedingungsloses Grundeinkommen hätten. Was wir uns nicht mehr leisten müssten, ist Armut, Altersarmut, Kinderarmut. Wenn wir wollen, dass jedem Menschen dieses existentielle Maß an Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit zugebilligt wird, finden wir auch die Wege, wie wir das finanzieren und wie wir die Folgeerscheinungen lösen. Ganz nach dem Motto: Wer will, findet Wege, und wer nicht will, findet Gründe.


Götz W. Werner: Gründer und Aufsichtsratsmitglied des Unternehmens dm-drogerie.markt, dessen Geschäftsführer er 35 Jahre lang war. Von Oktober 2003 bis September 2010 Leiter des Interfakultative Institut für Entrepreneurship am Karlsruher Institut für Technologie. Gründer der Initiative „Unternimm die Zukunft“. Präsident des EHI Retail Institute e. V. und Aufsichtsratsmitglied der GLS Gemeinschaftsbank.

Europa – Idee und Ideologie

  • Gelungenes und fortgeschrittenes Modell
  • Erfolg mit guten Konsequenzen
  • Gelingende Krisenbewältigung
  • Voranschreitender Zerfallsprozess
  • Offensichtlicher Misserfolg
  • Misslungener Versuch, Rückschritt

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Univ. Prof. Mag. Dr. Manfred Prisching, Prof. für Soziologie an der Universität Graz. Korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Herausgeber der Reihe Sozialethik der Österreichischen Forschungsgemeinschaft.

Dokumentation: Konferenz “Europa wohin?” vom 29.08. – 31.08.2013 in Klagenfurt

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v. links nach rechts: Prof. Dr. Paul Kellermann, Organisator der Konferenz, Prof. Dr. Bernd Bank, Vorsitzender der IAEP, Dr. Peter Kaiser, Landeshauptmann von Kärnten. Foto: Land Kärnten

Zu dieser Dokumentation:
Die Konferenz verstand sich als ein „supranationaler Polylog“, was heißt: Die offene Diskussion im Kreis der über 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer stand im Mittelpunkt der drei Tage. Diese Diskussion kann hier nicht reproduziert werden. Dokumentiert  sind die  als „impuls-Referate verstandenen einführenden Beiträge zu den einzelnen Themenblöcken.
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Vorschläge statt durchsichtiger EU-Kritik

Kommentar der anderen | Othmar Karas, 29. August 2013, 19:28

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In Wahlzeiten verständigen sich die Politiker in den europäischen Hauptstädten gern darauf, dass die Europäische Union ein weit, weit entfernter Platz sei.

Liegt es an den Wahlkämpfen, am Sommerloch oder am Qualitätsverlust der Politik? In den letzten Tagen und Wochen geistern europapolitische Forderungen und Aussagen durch die Medien, die Sorge machen. Die deutsche Bundeskanzlerin fordert, Kompetenzen an Nationalstaaten zurückzugeben. Der bayerische Ministerpräsident ruft nach Maut für Ausländer. London steigt aus der Justiz- und Polizeizusammenarbeit aus. Der deutsche Wirtschaftsminister warnt vor einer Einmischung der EU in die nationale Energiepolitik. Der österreichische Europa-Staatssekretär philosophiert von “mehr Europa”, das aber nicht gleichbedeutend mit “mehr Brüssel” sein solle.

All dies sind Ablenkungsmanöver, Suche nach Konfrontation und nicht nach wirklichen Lösungen in einer komplexen Welt.

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Soziale Kohäsion – Zum Verhältnis von Ausbildung und Beruf

„Eigentlich ist die Jugend das Alter der Pläne, Projekte und Fantasien. Aber für Millionen junger Europäer verliert die Zukunft gerade ihre Gestalt, wird etwas Graues, Hoffnungsloses.“ Mit diesen Worten hat Gero von Randow Anfang April in der Zeit eine Artikelserie über „Europas verlorene Generation“ überschrieben. „Ein Acht–Millionen–Heer junger Bürger ohne Arbeit ist entstanden“:

Fast jeder vierte Franzose unter 25 ist arbeitslos. In Italien liegt die Arbeitslosenquote bei 35 Prozent; zwanzig Prozent der italienischen Hochschul­absolvent­Innen sind ohne Job. Seit 2008 sind in Spanien 3,7 Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen, in 75 Prozent der Fälle waren dabei junge Menschen unter 30 betroffen. Die Liste lässt sich um viele mittel- und osteuropäische Staten verlängern. Continue reading

Das Europa der Regionen

Um “Europa wohin?” als Thema zu besprechen ist die Frage zu beantworten was wir meinen mit Europa: ist es eine Vision oder die werdende Union, ist ein geographisches Begriff oder ein Sammelbegriff für Geschichte und Kultur. Heute werde ich nur einen Aspekt herausnehmen und in einige Thesen vorführen: das Europa der Regionen.

Europäer haben multiple Identitäten. Ich zum Beispiel bin Niederländer, Europäer, Utrechter, Benelux-Bürger, Einwohner der EU, Weltbürger und seit ich im Norden der Niederlanden wohne verbunden mit Drenthe und Assen. Es ist dabei nicht selbstverständlich dasz die Staatsangehörigkeit die wichtigste Identität mit sich bringt. Manchmal ist die Heimat, oder der Provinz wichtiger als prägendes Element der Identität. Aus meiner Lebensgeschichte heraus haben sich die Orte wo ich wohn(t)e und als Bürger integriert bin als Teile meiner Identität entwickelt. Das heiszt aber auch das ich gerade auf diesen Ebenen mitbestimmen möchte wie Probleme formuliert und gelöst werden. Auf den Ebenen der Staat, Provinz (Land) und Gemeinde gibt es representative Demokratie die mehr oder wenig akseptabel funktioniert.

Aber ein demokratischer Vorgang die Subsidiarität prinzipiell als Ausgangspunkt hat, ist damit sicher noch nicht realisiert. Ich meine dasz es notwendig ist Mechanismen zu realisieren die uns als Bürger ermöglichen auf mehrere Ebenen mit zu bestimmen wie Entwicklungen gesteuert werden. Amsterdammer sollten abstimmen über Probleme die in Amsterdam auf die Tagesordnung stehen, und EU-Bürger sollen die Möglichkeit haben das Europäische Parlament zusammen zu stellen in Europäische Wahlen mit Europäische Parteien. Also eine Europäische Parteistruktur musz dazu entwickelt werden. Ob es eine Volksabstimmung gibt, wie auf Gemeinde-ebene manchmal geeignet ist, oder representative Demokratie wie bei Parlamentswahlen ist ist kein prinzipieller Unterschied, es kann eben auf verschiedenen Ebenen neben einander funktionieren. Viel wichtiger ist dasz Demokratie nicht als Wundermittel (mit Garantie auf Sukses, wie “wir” die zu exportieren versuchen nach anderen Kontinenten) gesehen wird, aber als Mechanismus der Toleranz zu Minderheiten. Ein Kulturveränderung ist da in manchen Hinsichten noch gefragt.

Nur wenn die Europäische Vielfalt gepflegt wird und als positives Merkmal der Geschichte und Gegenwart, akseptiert wird, hat die Europäische Union einen Chance. Wir in Europa haben aus der Vergangenheit gelernt und einen bisher kriegsfreie EU gebildet. Das musz aber gepflegt werden, in groszen Teile Europas ist noch Vergangenheitsbewaltigung notwendig (Spanien, Baltikum, usw), gerade um zu lernen warum Minderheiten eigentlich als Minderheiten betrachtet werden, um zu lernen was Demokratie bedeuten könnte, und um zu lernen wie Vorurteile entstehen und verarbeitet werden können. Von besondere Bedeutung ist die Integration von West und Ost in Europa: mentale Osterweiterung ist ein Stichwort, das hinweist auf Gemeinsames und Verschiedenes, zum Beispiel in gemeinsames Geschichte-Unterricht in Grenzgebiete. Hier stoszt man auch auf das gemeinsame kulturelle Erbe, dasz in alle Vielfalt und Verschiedenheit die Basis zur gegenseitigen Akzeptanz sein sollte.

Ich sehe also ein Europa der Regionen, Regionen auf mehrere Ebenen, Regionen die was wichtig und notwendig ist auf die höchste Ebene zusammen in die Hand nehmen. Auch ein Europa wo die Vielfalt gepflegt wird und wo die lokale und regionale Fragen auf dieselbe Ebenen angesprochen werden. Auch ein Europa wo die verantwortliche Politiker (ohne Angst für Wahlergebnisse) eine Vision haben und klar machen warum sie die haben. Politiker die aber auch wissen welche kleine Schritte notwendig sind um dahin zu kommen.


Prof. Joost Hauer, em. Professor für Methodik der sozialen Gepographie an der Universität Utrecht (NL),Schwerpunkte Untersuchungsmethoden und Theorie der sozialen Geographie, Geographie Deutschlands und Mittel Europa.

Europa und der Ethnozentrismus

Ethnozentrismus ist kein europäisches Phänomen, sondern wohl eher ein allgemein menschliches. Es liegt nahe, dass eine Mensch seine engere Umgebung, sein eigenes soziales System und die damit verbundenen ökonomischen, politischen, religiösen, ästhetischen oder kulinarische Verhältnisse für natürlich, richtig oder heilig hält und alle anderen für unnatürlich, falsch oder heidnisch, also für barbarisch und daher abzulehnen. Das Problem ist nun, dass auch die Nachbarn derartige Überzeugungen haben. Erst in der Kommunikation zwischen dem Eigenen und dem Fremden werden die entsprechenden Vorurteile abgeschliffen. Es liegt nahe, dass diese Kommunikation zwischen dem Eigenen und dem geografisch Naheliegenden leichter stattfinden kann als mit dem Fernen. Diese Kommunikation kann in verschiedenen Formen verlaufen: durch Krieg, Handel, wissenschaftlichen oder literarischen Austausch, durch Migration. All das lässt sich an dem Austausch zwischen Orient und Okzident, zwischen Morgenland und Abendland, zwischen Christentum und Islam aufzeigen. Continue reading

Welche strukturellen Perspektiven für die Universitäten in Europa?

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Prof. em. Dr. Karl Weber: Prof. für Soziologie an der- Universität Bern, Vom Oktober 1990 bis Januar 2009 Leiter der fakultätsübergreifende Koordinationsstelle für Weiterbildung (heute Zentrum für universitäre Weiterbildung) der Universität Bern. Forschungsprojekte zu Fragen der Hochschulentwicklung, der Weiter- und Berufsbildung und ihrer Evaluation.

Thesen zur Podiumsdiskussion

These 1
Bologna Reform ist nicht umkehrbar, aber offen für Weiterentwicklung

Mit dem Bologna System wurde das anglo-amerikanische Studiensystem in einem Zug zum Einheitsmodell für den europäischen Hochschulraum. Wichtige Ziele: Modularisierung und bessere Uebersichtlichkeit des Studienangebots, kürzere Studienzeiten, vergleichbare Abschlüsse, mehr Mobilität. Die politisch verordnete Hochschulreform wird im deutschsprachigen Hochschulraum vielfach als wesensfremd angesehen. Ihre buchstabentreue Einführung vollzog sich mit einem Uebermass von Organisation, Spezialisierung, Workloads und Fixierungen. Die Reform ist nicht umkehrbar. Die im Bologna System angelegte Flexibilisierung hat wenig Durchschlagkraft entwickelt. Eine sinnvolle Synthese von alten und neuen Elementen des Studiensystems ist als Daueraufgabe anzustreben (z.B. weniger Fixierung, mehr Studienfreiheit).

 

These 2
Spezialisierung und Diversifizierung von Studiengängen ist Fehlentwicklung und Chance

Vor der Bologna Reform war das Studium in etwa 350 Magister-, Diplom-  und Lehramtsstudiengängen organisiert. Im neuen System hat sich das Studienangebot “individualisiert” und exponentiell vervielfältigt. Schulabgänger wählen heute aus rund 9.000 BA Studiengängen (dazu kommen ca. 7.000 MA Studiengänge). Jede Hochschule kann ihre eigenen BAs mit speziellen Ausrichtungen konstruieren. Das erschwert die Studienwahl, zumal etwa die Hälfte der BA Studiengänge mit NC belegt ist. Eine Rückführung auf übersichtliche Fachausrichtungen auf der BA Stufe  ist aus sachlichen und organisatorischen Gründen anzustreben. Diversifizierung und neue Angebote auf MA Ebene eröffnen die Chance, neue Wissenschaftsentwicklungen aufzugreifen und zeitnah studierbar zu machen.

 

These 3
Studierbarkeit und Studienqualität im BA Studium: Verbesserungen und Desiderate

Manche Kinderkrankheiten im verregelten BA Studium sind überwunden. Die Zufriedenheit mit den Studienbedingungen hat sich deutlich verbessert (Studienqualitätsmonitor 2009-2012). Insgesamt positiv werten Studierende die inhaltliche Qualität der Lehre, Erreichbarkeit und Zugänglichkeit der Lehrenden und didaktische Aspekte. Schwächen konstatieren sie weiterhin in der Studierbarkeit (Stofffülle, Leistungsnachweise), in den Wahlmöglichkeiten, bei der Motivierung und Einbindung studentischen Engagements in den Lernprozess, im Forschungs- und Praxisbezug. Wichtige Ansprüche traditioneller Universitätskultur, die schon im alten System vernachlässigt waren, können und müssen im neuen System weiterentwickelt werden, um Studieneffizienz und selbst-verantwortete akademische Qualifizierung und Persönlichkeitsbildung in besseren Einklang zu bringen.

These 4
Chancen des modulariserten Systems werden noch nicht genutzt

Beispiel: Part-time Studium. Etwa ein Fünftel der Studierenden bezeichnen sich selbst als Teilzeitstudierende (geringerer zeitlicher Studienaufwand und/oder höhere Erwerbstätigkeit). Teilzeitstudium ist an deutschen Hochschulen bislang nicht vorgesehen (abgesehen von wenigen Ausnahmen). Das modularisierte Studiensystem könnte für besondere Lebenssituationen (Studium mit Kind, Teilstudium neben Erwerbsarbeit) individuelle Studienpläne und Bildungsverläufe ermöglichen, weit besser als das herkömmliche Studiensystem.

These 5
Auslandsmobilität: grosse Ziele, wenig Bewegung (Die Zeit, Juli 2013)

Erleichterung und Erhöhung der Auslandsmobilität ist ein zentrales Ziel der Bologna Reform. Tatsächlich hat das rigorose  3+2 System in Deutschland die Integration von Auslandsstudienaufenhalten zunächst erschwert (zu kurze Studienabschnitte). Erst eine gelockerte Haltung gegenüber den vermeintlich strikten Bologna Vorgaben sowie “Nachbesserungen” (z.B. 3 + 1 Auslandsstudienjahr) haben Entspannung gebracht. Quantitativ stagniert die Auslandsmobilität seit der Bologna Einführung. Nach wie vor hat etwa ein Drittel aller Absolventen studienbezogene Auslandserfahrungen  – zur Hälfte in Studienphasen, sonst Praktika und Sprachaufenthalte (Wissenschaft Weltoffen, 2013). Verändert haben sich aber Zeitpunkt und Formen: Auslandsstudium  im BA Studium ist kürzer, “Denkpausen”/”Bewerbungsphasen” zwischen BA und MA werden für Auslandserfahrungen genutzt, das MAStudium komplett im Ausland absolviert (ca 6%). Das hat für Studierende neue Möglichkeiten gebracht, wobei ein Auslandsstudium zuweilen das Ziel verkürzter Studiendauer konterkariert.

 

These 6
Marketing Rhetorik setzt falsche Signale

Mit oder ohne Bologna Reform – die globalisierte Hochschullandschaft ist zunehmend charakterisiert durch internationalen (und auch nationalen) Wettbewerb um Studierende und Nachwuchswissenschaftler. In angelsächsischen Ländern ist dies explizit mit Gewinnstreben zugunsten der Hochschulfinanzierung verbunden, was in deutschsprachigen Ländern noch etwas verhaltener ist. Die exzessive Marketing Rhetorik verstellt die Perspektive auf den Bildungs-und Ausbildungsauftrag der Universität und vermittelt auch heimischen Studierenden falsche Signale. Gelten ausländische Gäste als finanzielle Einnahmequelle oder als intellektuelle und kulturelle Bereicherung der Hochschullandschaft?


Dr. Gerhild Framhein, geb. 1942 in Hamburg. Studierte Soziologie, Geschichte und Politikwissenschaft in Tübingen und USA. Postgraduiertenausbildung am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik in Berlin. 1968 bis 1989 Bildungsforschung an der Universität Konstanz. Schwerpunkte: Hochschulsysteme und Studierende; Internationaler Vergleich; Auswärtige Kulturpolitik. Dazwischen fünf Jahre am Europäischen UNESCO Zentrum für sozialwissenschaftliche Forschung in Wien. 1989 bis 2007 Leitung des International Office der Universität Konstanz.

Wohin treiben die Hochschulen Europas?

Der Bologna Prozess hat eine Dynamik angestoßen, die einerseits eine autonome Hochschule voraussetzt mit Elementen des Neuen Steuerungsmodells,sie andererseits vermehrt einer Kontrolle anhand von kollektiv anerkannten Zielen unterwirft (die Bologna Vorgaben), die in nationale und darum im Einzelfall unterschiedliche bürokratische Regelungen überführt werden und neueBürokratien schaffen (die komplizierte Gestaltung der Akkreditierung in Deutschland ist dafür greifbarer Ausdruck).Mit der Anwendung der Methode der offenen Koordinierung ist eine Eigendynamik der Hochschulen gewollt :Harmonisierung unter Betonung der Eigenverantwotungder Hochschulen (und Länder) statt Standardisierung und Vereinheitlichung ist die Zauberformel. Dies hat einerseits zu einer „neuen Unübersichtlichkeit“ geführt (vgl. Heine 2012: 107 f.), andererseits aber Prozessen Raum gegeben, in denen sich die Hochschulen die Ziele und Maßnahmen „einverleiben“ und mit ihrer Organisationslogik abstimmen können.

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Prof. (i. R.) Dr. Margret Bülow-Schramm: Professorin am Zentrum für Hochschul- und Weiterbildung (ZHW) der Universität Hamburg. Dozentin im Studienmodul „Qualitätsmanagement in Bildungseinrichtungen“, Universität Oldenburg Forschungsschwerpunkte: Berufssoziologie, Evaluationsforschung, Innovative Lehr- und Lernmethoden im Hochschulunterricht, Qualitätsmanagement, Studierendenforschung, Theatralisierung der Lehre.

Europa und die globale Geldgesellschaft

Einstimmung in das Thema: Die Wirtschaftswissenschaft betrachtet die Welt unter den Gesichtspunkten der Wirtschaft und der Wirtschaftlichkeit . Damit entstehen automatisch Widersprüche zwischen dem engen Blickwinkel der Wirtschaft und der „tatsächlichen“, viel weiter zu fassenden, nicht nur ökonomischen sondern auch sozialen und ökologischen Realität. Es gibt generell einen Grundkonflikt, wie die Wirtschaft „gerecht gestaltet“ werden kann – nach dem Prinzip der Leistungsgerechtigkeit oder nach dem der Bedürfnisgerechtigkeit (Aristoteles)?

Wenn wir von Wirtschaft reden, müssen wir unterscheiden, ob wir von der Realwirtschaft (dem Realkapitalismus) oder der Finanzwirtschaft (dem Finanzkapitalismus) reden. Und bei der Finanzwirtschaft noch einmal, ob wir von jenem Teil reden, der die Realwirtschaft finanziert (Geschäftsbanken) oder von jenem Teil, bei dem Geld Ware ist, mit der man durch „kreative Geschäfte“, noch mehr Geld verdienen will, sozusagen das Geldgeschäft um des Geldes willen betreibt (Investmentbanken, Near-Banks und Non-Banks) – Finanzkapitalismus bzw. Geldgesellschaft i.e.S (Moneyismus, Kellermann).

Dieser Finanzkapitalismus i.e.S. hat sich vom Diener der Realwirtschaftund der Gesellschaft (Staaten) zum Beherrscher aufgeschwungen (Eichhorn/Solte), indem er mit Erfolg die Spielregeln des Marktes und der Gesellschaft zu seinen Gunsten verändert hat (Schulmeister). „Im Moneyismus erscheinen nicht mehr die Produktivkräfte (Arbeitsvermögen und Maschinen) wirtschaftsmächtig, sondern Geld, also Finanzkapital.“ (Kellermann)

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Philosophische Überlegungen zu neuen Denkformen älterer und jüngerer Wissenschaftler

 I  Die scientific society

1.  Die scientific society ist zwar seit ihrem Bestehen, also mindestens seit 500  Jahren, ein oft ungemütliches Pflaster und offiziell eine „offene Gesellschaft“, in welcher nach Kant strenggenommen der „öffentliche Gebrauch der Vernunft“ mehr oder weniger ausschließlich angesagt ist, d. h. die freien und treffenden Gedanken, Argumente  und Widerlegungen nur so sprudeln.  Continue reading